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Heinrich Paul Ignaz Steinitzer

Persönliche Daten

Name: Steinitzer
Vorname:Heinrich Paul Ignaz
Religion bei Geburt: katholisch
Geburtstag: 02.01.1869
Geburtsort: München
Todestag: 11.08.1947 laut Sterbeurkunde Standesamt München I
Sterbeort: München
Ausbildung
Beruf/Erwerb:

Schriftsteller, Übersetzer, Alpinist und Graphologe

Staatsangehörigkeit bei Geburt: Österreich-Ungarn
spätestens seit 1901 besaß er die bayerische Staatsangehörigkeit.

© Familienarchiv Mannhardt-Becker, mit freundlicher Genehmigung: https://sprecher-becker.de
Sommerurlaub in Feldafing ca. 1900
Freundeskreis: Heinrich Mann, die Ehepaare Löhr und Knözinger mit zwei Schwestern und einer Nichte von Giulia Knözinger sowie ganz rechts im Bild: Heinrich Steinitzer.
vgl. dazu auch bei Peter de Mendelssohn:
"Dieser Kreis, zu dem auch der österreichische Schriftsteller Heinrich Steinitzer gehörte, verbrachte im Sommer regelmäßig einige gemeinsame Ferienwochen in Starnberg und Feldafing und ebendort ließ Heinrich Mann zehn Jahre später den Oberpostrat Knözinger unter dem Namen ‚Gugigl‘ in seinem Roman Zwischen den Rassen auftreten."

Familie

Vater Paul Steinitzer Major der kaiserlichen und königlichen Armee in Österreich-Ungarn, ab 1860 im Ruhestand 1827 - 1911 Baden-Baden
Mutter Karoline Steinitzer, geb. Stratzer Buchdruckereibesitzerstochter ? München - 1892 München
Bruder Alfred Steinitzer Schriftsteller, Verfasser von mehreren Bergführern und Bergsteiger-Literatur 1862 Innsbruck - 1948 München
 Alfred Steinitzer veröffentlichte gemeinsam mit dem Vereinsmitglied Eva von Baudissin "Speemanns goldenes Buch des Sports" (1909). 1924 überarbeitete er die 4. Auflage des in der Reihe "Land und Leute. Monographie zur Erdkunde" erschienenes Bandes "Tirol und Vorarlberg". Autor war der bereits 1907 verstorbene Max Haushofer, ebenfalls Vereinsmitglied.
Bruder Dr. Max Steinitzer Dirigent, Komponist und Musikschriftsteller 1864 - 1936 Leipzig
Anmerkung zur Familie: Es gab wohl noch zwei weitere Brüder, die noch nicht namentlich bekannt sind.

Familienstand

ledig

Mitgliedsjahre im Verein für Fraueninteressen
Diese Angaben stammen aus den alten „Mitglieder-Verzeichnissen“ (1896 bis 1916) des Vereins, bei den Personennamen wurde die jeweilige Original-Schreibweise – einschließlich der Tipp- und Lese- bzw. Hörfehler – übernommen. Fehlerhafte Adress-Angaben (z.B. Franz Josefstr. statt Franz Josephstr.) wurden korrigiert und der damals gültigen Schreibweise (im Adressbuch München) angepasst.

DetailsDetails 1896 bis 1913    
1896 bis 1899 Herr Steinitzer Adalbertstr. 45  
1900 bis 1902 Herr Steinitzer Neureutherstr. 4 / I  
1903 bis 1905 Herr Steinitzer Wilhelmstr. 8 / I  
1906/07 bis 1913 Herr Heinrich Steinitzer Wilhelmstr. 8 / I  

Ämter und Mitgliedschaften in anderen Vereinen

1897-1900 Deutscher und Oesterreichischer Alpenverein, Mitglied des Central-Ausschusses als 1. Schriftführer

1910 Mitglied des Bibliothekausschusses des Alpinen Museums in München

1912-1913 Deutscher und Oesterreichischer Alpenverein, Mitglied des Central-Ausschusses


Erwähnung in Jahresberichten und andere Zitate

„Phantastisch-wissenschaftliche Theorie, Phenologie, Physiognomik und ähnliche immer halb mystische Theorien, die weit zurück und auch her bis ins Heute reichen (...) haben versucht objektive Maßstäbe für die Erkenntnis des Menschen zu finden. Ein neuer Bearbeiter dieses weiten Gebietes, Heinrich Steinitzer, kommt zu einem sehr negativen Urteil über all diese Scheinwissenschaft (in seinem wertvollen Buch ‚Menschenkenntnis‛ und spricht lediglich der Graphologie, der Erforschung des Charakters aus der Schrift wirkliche Bedeutung einer psycho-diagnostischen Methode zu. Aber er erkennt sehr klar, daß diese Methode Menschenkenntnis ihrerseits schon voraussetzt. Zu dieser sieht er die notwendige und natürliche Grundlage in einer unbeirrten und schonungslosen Selbsterkenntnis. Er empfieht ein objektives  Verfahren, das lehrt, uns selbst gewissermaßen von außen zu sehen und allen täuschenden Selbstschutz-Gedanken und Gefühle bei der nachträglichen Beurteilung unseres Tuns auszuschalten. Weiter sieht er in den vollendenten Gestalten der großen Dichtung Möglichkeiten, wahre Menschenerkenntnis zu erwerben."
(Scholz, Wilhelm v.: Menschenkenntnis, in: Münchner Neueste Nachrichten, 64. Jg., Nr. 537, Vorabend-Blatt v. 17.11.1911, S. 1)


Eigene Publikationen

Steinitzer, Heinrich: Märchen des neunzehnten Jahrhunderts, Dresden u. Leipzig 1894

Steinitzer, Heinrich: Das Orakel. Ein Märchen, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben II. Jg., Nr. 20 v. 15.05.1897, S. 314-318, online:
https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11795625?page=318%2C319, zuletzt abgerufen am 25.08.2024

Steinitzer, Heinrich: Eine Wanderung durch die Bergamasker Alpen, in: Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Jg. 1897, Band XXVIII, S. 334-357, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11812034?page=370%2C371, zuletzt abgerufen am 25.08.2024

Steinitzer, Heinrich: Perspektiven, Leipzig 1897

Steinitzer, Heinrich: München-Interlaken-München, in: Der Deutsche Radfahrer. Amtliche Zeitung der Allgemeinen Radfahr-Union. Deutschen Touren-Klub. Organ der deutschen Fahrrad-Industrie, XIII. Jg. Nr. 30 v. 02.09.1897, S. 507 f. und Nr. 31 v. 18.09.1897, S. 526 f.

Steinitzer, Heinrich: Eine wenig bekannte Dolmitenstrasse, in: Der Deutsche Radfahrer. Amtliche Zeitung der Allgemeinen Radfahr-Union. Deutschen Touren-Klub. Organ der deutschen Fahrrad-Industrie, XIII. Jg. Nr. 32 v. 25.09.1897, S. 550

Steinitzer, Heinrich: Aus zweiter Hand, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben, III. Jg. Nr. 50 v. 10. 12. 1898, S. 838, online:
https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11855839?page=420%2C421, zuletzt abgerufen am 25.08.2024

Steinitzer, Heinrich: Die Carnischen Voralpen, München 1900

Steinitzer, Heinrich: Wie wir lieben, Berlin 1901

Steinitzer, Heinrich: Ja—Ja—!! Skizze, in: Münchner Neueste Nachrichten, 54. Jg. Nr. 266 Vorabendblatt v. 11.06.1901, S. 1, online:
https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00130003?page=898%2C899, zuletzt abgerufen am 25.08.2024

Steinitzer, Heinrich: Die beiden Kleinen, in: Münchner Neueste Nachrichten, 54. Jg. Nr. 278 v. 18.06.1901, S. 1, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00130003?page=990%2C991, zuletzt abgerufen am 25.08.2024

Steinitzer, Heinrich: Zur Psychologie des Alpinisten, München 1907

Steinitzer, Heinrich: Sport und Kultur. Mit besonderer Berücksichtigung des Bergsports, München 1910

Steinitzer, Heinrich: Menschenkenntnis: München 1912

Steinitzer, Heinrich: Die Tragödie des Ich: Roman, München 1912

Steinitzer, Heinrich: Der Monistenbund, in: Süddeutsche Monatshefte, hrsg. Von Nikolaus Paul Cossmann, Bd. 9, Teil 1, S. 37-73, S.187-196 u. S. 321-338, München 1912

Steinitzer, Heinrich: Via santa: Roman, Berlin 1913

Steinitzer, Heinrich: Gesegnete und Verfluchte, Berlin 1916

Steinitzer, Heinrich: Der Mann, der geliebt sein wollte. Berlin 1918

Steinitzer, Heinrich: Der bucklige Theodor u.a. Narreteien. Novelle, Berlin 1920

Steinitzer, Heinrich: Die fünf Don Juans. Novellen, Berlin 1922

Steinitzer, Heinrich: Aus der Lebensarbeit eines Graphologen, hrsg. u. eingel. v. Pophal, Rudolf, München 1952

Übersetzungen:

Charles Baudelaire: Ausgewählte Werke, hrsg, v. Blei, Franz, Bd. 3: Kritische und Nachgelassene Schriften, übersetzt v. Blei, Franz und Steinitzer, Heinrich, München 1925

Defoe, Daniel: Die Pest zu London, übersetzt v. Steinitzer, Heinrich, München 1925

Williams Valentin: Der gelbe Diwan, übersetzt v. Steinitzer, Heinrich, München 1926

Fielding, Archibald: Das Geheimnis des Falles Charteris, übersetzt v. Steinitzer, Heinrich München 1926

Fielding, Archibald: Inspektor Pointer und der Tote aus Zimmer Nr. 14, übersetzt v. Steinitzer, Heinrich, nachgedruckt München 2017.


Quellen und Literatur

Stadtarchiv München: PMB Heinrich Steinitzer
Stadtarchiv München: DE 1992 STANM 02794, Sterbeeintrag Heinrich Steinitzer, Standesamt München 1, EintragsNr. 1465 (1947)

Heine-Institut und Schumann-Haus, Abteilung HH Schriftstellernachlässe: Korrespondenz Gabriele Reuter an Heinrich Steinitzer, 5 Briefe von 1915, 1917 und 1918, online: https://emuseum.duesseldorf.de/objects/1035391/korrespondenz-von-gabriele-reuter-an-heinrich-steinitzer, zuletzt abgerufen am 25.08.2024

Steinitzer, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, www.deutsche-biographie.de/pnd11725813X.html [07.07.2024]

Mitteilungen des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins (1897), Nr. 23 v. 15.12.1897, S. 286, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11792708?page=298%2C299, zuletzt abgerufen am 25.08.2024

Hof- und Personalnachrichten, in: Münchner Neueste Nachrichten 64. Jg, Nr. 339, Vorabend-Blatt v. 22.07.1911, S. 3, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00130944?page=422%2C423, zuletzt abgerufen am 25.08.2024

Scholz, Wilhelm v.: Menschenkenntnis, in: Münchner Neueste Nachrichten, 64. Jg., Nr. 537, Vorabend-Blatt v. 17.11.1911, S. 1, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00131048_00355_u001?page=%2C1, zuletzt abgerufen am 25.08.2024

Port, Frieda: Besprechung des Romans „Die Tragödie des Ich" von Heinrich Steinitzer, in: Münchner Neueste Nachrichten, 66. Jg. Nr. 306 Morgenblatt v. 18.06.1913, S. 6, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00131033?page=356%2C357, zuletzt abgerufen am 25.08.2024

Heinrich Steinitzer, in: Geistiges und Künstlerisches München in Selbstbiographien, hrsg. v. Zils, Wilhelm, München 1913, S. 348, online: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bvb:29-bv000916821-4, zuletzt abgerufen am 25.08.2024

Schweller, Elise: Besprechung des Romans „Via Santa" von Heinrich Steinitzer, in: Münchner Neueste Nachrichten, 67. Jg. Nr. 138 Morgen-Blatt v. 16.03.1914, S. 6, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00131167?page=520%2C521, zuletzt abgerufen am 25.08.2024

Rieß, Richard, Besprechung des Novellenbandes „Gesegnete und Verfluchte" von Heinrich Steinitzer, in Münchner Neueste Nachrichten, 69. Jg. Nr. 354 v. 14.07.1916, S. 2, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00133460_00193_u001?page=2%2C3, zuletzt abgerufen am 25.08.2024

De Mendelssohn, Peter: Der Zauberer. Das Leben des deutschen Schriftstellers Thomas Mann, Teil I: 1875 bis 1905, Frankfurt a. M. 1975, S. 167

Märtin, Ralf-Peter. Talschleichen oder Gipfelstürmer. Der Streit zwischen Heinrich Steinitzer (1869–1947) und Eugen Guido Lammer (1863–1945) über Alpinismus, Sport und Kultur. Jahrbuch 2005 der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Sportwissenschaft e. V. hrsg. v. Court, Jürgen, Berlin 2006, S. 60-75.

Welsch, Walter: Geschichte der Sektion Bayerland des Deutschen Alpenvereins e. V.. Von der Gründung der Sektion bis zum Ersten Weltkrieg 1895 - 1914, München 2018, online: 
http://www.alpenverein-bayerland.de/module_requirements/geschichte/von_der_gruendung_der_sektion_bis_zum_ersten_weltkrieg/, pdf/001-334%20Chronik%201895-1914.pdf, zuletzt abgerufen am 25.08.2024


Anmerkungen

Bemerkungen

Heinrich Steinitzer wurde 1869 als Sohn des österreichischen K. und K. Majors i . R. Paul Steinitzer und seiner Frau, der "Buchdruckereibesitzerstochter" Karoline, geb. Stratzer in München geboren. Paul Steinitzer machte sich im Anschluss an seine militärische Karriere als Karthograph und Verfasser geografischer und kulturgeschichtlicher Schriften einen Namen. 1864 ließ er sich in München, der Heimatstadt seiner Frau, und später auch in Feldafing nieder.

Über den Bildungs- und Lebensweg seines Sohnes Heinrich ist im Detail kaum etwas bekannt. In der Selbstauskunft für das Personen-Lexikon „Geistiges und Künstlerisches München in Selbstzeugnissen“ hat er nur wenig über sich preisgegeben und schreibt ausdrücklich: „Der Äußere und innere Bildungsgang bietet für den außenstehenden Betrachter keinerlei ‚denkwürdige Momente“. Was daran „denkwürdig“ erscheint, habe ich in meine Bücher verwoben und gedenke es noch in zukünftigen Werken zur Darstellung zu bringen.“ Vielleicht liegt es an dieser Zurückhaltung, dass Steinitzer weder in der „Neuen Deutschen Biographie“ mit einem eigenständigen Beitrag gewürdigt, noch in den zahlreichen Monografien über das „München um 1900“ ausführlicher erwähnt wird, obwohl er mit einigen Größen dieser Zeit bekannt und auch befreundet war. So gehörte er dem Freundeskreis um Joseph Ruederer an, mit deren Mitgliedern (u.a. Heinrich Mann, Giulia Mannhardt-Knözinger, ID 136) er um die Jahrhundertwende mehrere Sommeraufenthalte in Feldafing bzw. Starnberg verbrachte (vgl. hierzu das abgebildete Gruppenfoto). Auch mit Gabriele Reuter, Vereinsmitglied von 1896 bis mindestens 1916, war er seit den 1890er Jahren befreundet. Reuters Briefe aus der Zeit von 1915 -1918 an H. Steinitzer sind  Zeugnisse der tiefen Verbundenheit zwischen der Briefschreiberin und ihrem Adressaten. Die Briefe lassen auch durchaus einige Rückschlüsse auf die politische Einstellungen der beiden zu.
Nach 1900 beteiligte sich Steinitzer an Versuchen, die Graphologie als Wissenschaft zu etablieren, vgl. Zitate. Im Übrigen war Steinitzer in seiner Zeit vor allem als Alpinist bekannt. Er und sein Bruder Alfred waren Mitglieder im Deutsch-Österreichischen Alpenverein, in dem er zeitweise auch als Schriftführer und Mitglied des Zentralausschusses aktiv war. Noch heute wird seine Auseinandersetzung mit dem Alpinisten Eugen Guido Lammer um den Charakter des Bergsteigens diskutiert. Während Steinitzer in dieser Disziplin vor allem ein „vorwiegend natur-ästhetisch begründetes Erleben“ sah (vgl. Steinitzer, Heinrich: Sport und Kultur. Mit besonderer Berücksichtigung des Bergsports, München 1910), propagierte Lammer einen kämpferischen risikoreichen Alpinismus, der insbesondere die „Männlichkeit“ des wettbewerbsorientierten Bergsteigers unter Beweis stellen sollte (vgl. Märtin, Talschleichen und Gipfelstürmer).
In der Weimarer Zeit veröffentlichte H. Steinitzer hauptsächlich Übersetzungen aus der englischsprachigen Kriminalliteratur, die auch als Fortsetzungsromane in verschiedenen Tageszeitungen erschienen. Über seinen letzten Lebensabschnitt unter nationalsozialistischer Herrschaft ist uns noch nichts bekannt.


Letzte Änderung

geändert: 07.10.2024

Wir bitten um folgende Zitierweise:
Eintrag: „Heinrich Steinitzer“/ID 143, Online-Datenbank „Pionierinnen* der Frauenbewegung in München. Die frühen Mitglieder der Gesellschaft zur Förderung geistiger Interessen der Frau/des Vereins für Fraueninteressen in München“. Verein für Fraueninteressen e.V. München, www.geschichtsatelier-elvira.de
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